Abb. 140 – 168
Alle Abbildungen und Fotos aus Lehrveranstaltungen im Rahmen der Professur Kreation und Interpretation mit dem Schwerpunkt Sound, Performance und Konzept 2018 – 20
Vorträge, Lectures und Workshops: Tucké Royale, Henrike Naumann, BIEST Berlin, The Agency, Jan Dvořák u. a.
Exkursionen: Kunsthalle Düsseldorf, Hamburger Kunstverein und Deichtorhallen
Fotos: Verena Gilhaus, Raphael Sbrzesny, Maurice Kaufmann
Gestaltung Lehrheft: Nicolas Zupfer
In 4 unterschiedlichen Lehrsettings treffen Studierende aus Musik, Freier Kunst, Integriertem Design und Digitalen Medien aufeinander. Rethinking, Labor Kreation, One to One und Praxisprojekt / Offene Kammer sind Unterrichtseinheiten, denen die Idee der Polyphonen Werkstatt ¹ zugrunde liegt. Dabei steht die Arbeit im Kollektiv, fachübergreifender Austausch und ein interdisziplinärer Arbeitsprozess im Zentrum. Die unterschiedlichen Teilnehmer*innen erarbeiten gemeinsam Themen und Projekte in denen Körper, Klang, Performance und Installation ineinandergreifen. Zentraler Ansatz ist die Idee, dass die Studierenden gemeinsam sowohl konzeptionell Performances entwickeln, als auch selbst als Spieler*innen und Performer*innen auftreten.
¹ Der Begriff der Polyphonen Werkstatt geht auf einen Text von David P. Roesner und Clemens Risi zurück, die in „Die polyphone Werkstatt. Kollektives Arbeiten im zeitgenössischen Musiktheater“, in: Theater der Zeit, Ausgabe 1 / 2009 eine experimentelle Arbeitsweise im zeitgenössischen Musiktheater zu beschreiben versuchten.
Die Idee der polyphonen Werkstatt geht auf eine Arbeitspraxis im zeitgenössischen Musiktheater zurück, bei der versucht wird, allen im Unterricht oder einem Projekt beteiligten Personen abwechselnd die Leitung einzelner Sitzungen und Proben zu übertragen. Auf diese Weise werden die unterschiedlichen künstlerischen und theoretischen Praktiken miteinander verschränkt und Hierarchien nicht abgeschafft, sondern immer wieder temporär neu verteilt. Auf diese Weise entsteht eine Art Drittes Wissen, was nicht disziplinär gebunden ist, sondern gewissermaßen undiszipliniert in einer Form des Wilden Denkens zwischen den einzelnen künstlerischen Disziplinen oszilliert.
In den Lehrformaten der Interpret*innenkammer wird von der Konzeption der Gleichheit der Intelligenzen (in Anlehnung an Jacques Rancières Text ‚Der Unwissende Lehrmeister‘) ausgegangen und ein Arbeiten in Gruppen erprobt, in denen alle Teilnehmer*innen gleichberechtigt und in großer Eigenverantwortung verschiedene Themen diskutieren, entwickeln und umsetzen. Dabei wird von der These ausgegangen, dass Zuschreibungen und Ordnungen in der Gesellschaft performativ und durch normative Einübung und Wiederholung entstehen (Judith Butler), diese daher aber auch durch alternative Praktiken gelöst, verändert und neu entworfen werden können. Dieses performative Neuschreiben, Andersaufführen und in Bewegung bringen gesellschaftlicher Ordnungen steht im Zentrum künstlerischer Lehre rund um die Interpret*innenkammer.